Ökumene im Gespräch mit Pfarrer i.R. Norbert Hübner

In gewissen zeitlichen Abständen wird ein bekannter Christ / eine bekannte Christin zu Fragen der Ökumene Stellung nehmen.

Pfarrer i.R. Norbert Hübner: Pfarrer am Ökumenischen Kirchenzentrum Hameln – Klein Berkel (1978-1988), danach an St. Paulus Göttingen (1988-2008), Dechant des Dekanats Göttingen (1998-2008), Mitglied der Diözesankommission zur Förderung der ökumenischen Arbeit (1979-2007) und Mitglied der Cursillo-Bewegung in der Diözese Hildesheim äußert sich zur Ökumene.

Wenn Sie viele Jahre zurückschauen, wie sind Sie persönlich mit dem christlichen Glauben und mit „Ihrer Kirche“ in Kontakt gekommen?

Mein Glaube ist mir Geschenk. Meine frommen Eltern, Großeltern und Verwandten haben mich von Kindheit an in den Glauben und in die Gemeinschaft von Glaubenden geführt. Mein Heimatpfarrer, der uns auf der Vertreibung aus Schlesien begleitet hatte, war mir Vorbild.

Ich habe an Ihnen als katholischem Priester immer wieder eine nicht selbstverständliche „ökumenische Sehnsucht“ festgestellt. Wie ist sie entstanden und wie würden Sie sie beschreiben?

Nach der Vertreibung fand meine Familie in Münchehagen, in der Nähe zum Kloster Loccum, ein Zuhause. Die evangelische Gemeinde lud die katholischen Christen ein, ihren Gottesdienst in der evangelischen Dorfkirche zu feiern. Hier erlebte ich das Fest meiner Erstkommunion und das Sakrament der Firmung. Hier fanden wir eine geistige Heimat. Der Blick über den Zaun ist mit vielen guten Erinnerungen bestückt, z.B. erinnere ich mich noch daran, als ich zum ersten Mal einen evangelischen Bläserchor „Nun danket alle Gott“ spielen hörte. Noch heute berührt es mich.

In allen Jahren meiner geistlichen Tätigkeiten hatte ich enge, ja freundschaftliche Beziehungen zu evangelischen Pastoren. Natürlich war es für mich nicht einfach, als erste selbstständige Aufgabe, die Pfarrerstelle in einem ökumenischen Zentrum zu übernehmen. In den zehn Jahren lernte ich, dass das Anderssein des Anderen mein Reichtum ist. Auch durfte ich erfahren, dass Trennung Schmerzen und Tränen erwirkt. Gern hätten wir vor Ort manchen Schritt über die Grenzen gemacht, aber wir wussten, dass es besser ist alles, was in den Grenzen möglich ist, zusammen zu leben.

Nun sind Sie seit über 20 Jahren in Göttingen. Was haben Sie Ihrer Meinung nach hier in Göttingen als die Basis jeglichen ökumenischen Miteinanders erlebt (auf Pfarrei- und Dekanatsebene)? Anders gefragt: Unter welchen Voraussetzungen wird Ökumene überhaupt möglich?

Mit diesen Erfahrungen bin ich als Pfarrer von St. Paulus und später als Dechant des Dekanats nach Göttingen gekommen. Auch hier fand ich unter den evangelischen Pastoren und Pastorinnen gute Beziehungen und Freunde. Dies ist die beste Grundlage jeder Ökumene. Unter Freunden achtet man das Anderssein des anderen und lebt mit Freude das Gemeinsame. Mit Freude denke ich an die gemeinsamen Osternachtsfeiern mit der evangelischen Gemeinde St. Albani. Dazu gehörten auch die ökumenischen Bibelwochen, die Kirchentage auf Stadtebene, die gemeinsamen Fahrten und vieles andere.

Würden Sie zum Abschluss Christinnen und Christen in der Region Göttingen Ihre ökumenische Vision schenken?

Wenn ich in die Zukunft sehe, dann bin ich mir sicher, dass wir eines Tages - und das darf nicht in vielen Jahrzehnten sein - miteinander im Reich Gottes wirken werden. Wir werden um einen Altar gemeinsam das Brot brechen und die Botschaft Christi verkünden. Dies wird in der Vielfalt der Kinder Gottes geschehen.

Die Fragen stellte Ulrike Saul im Oktober 2009.