Ein Anker, wenn die Seele aus dem Ruder läuft

Aktion „Ein Engel für Kranke“

Wie viele Engel er schon verschenkt hat, weiß Wolfgang Friedl nicht mehr. „Mehrere Hundert sind es bestimmt“, sagt der Psychatrieseelsorger. Seine Beschenkten sind Patienten des Landeskrankenhauses Göttingen oder auch deren Angehörige, die bei Friedl Hilfe und Rat neben oder nach einer medizinischen Therapie suchen.

Keine sieben Zentimeter ist er groß, dieser bronzene Engel, und liegt dennoch schwer in der Hand – damit die Menschen, die sich in einer seelischen Krise befinden, etwas haben, woran sie sich buchstäblich festhalten können. Er passt in jede Jacken- oder Handtasche und kann so zu einem ständigen Begleiter werden. „Ein Anker, der zeigt: Ich bin nicht allein. Gott ist bei mir, gerade in schweren Situationen“, sagt Friedl.

Die Idee, den Engel, der in den Kunstwerkstätten der Benediktinerabtei Maria Laach gefertigt wird, zu verschenken, kam dem Pastoralreferenten vor einigen Jahren. Er habe den Menschen, zu denen er nach vielen langen Gesprächen einen engeren Kontakt bekommen habe, mehr mit auf ihren weiteren Weg geben wollen als eine Broschüre mit Lebenshilfe-Tipps. „Ich hatte das Bedürfnis, ihnen etwas zu überlassen, womit sie durch die nächsten Tage kommen.“ Also rief er die Aktion „Ein Engel für Kranke“ ins Leben: Für einen Bronze-Engel zahlt Friedl selbst 5 Euro. Er wiederum verkauft einen Engel für 10 Euro weiter und kann so den zweiten an einen kranken Menschen verschenken.

Friedl ist im Landeskrankenhaus für rund 200 Patienten „zuständig“. Manche kennt er flüchtig, andere kommen zu den Andachten und Gottesdiensten in der Lukaskirche auf dem Gelände des Klinikums, wieder andere suchen regelmäßig das Gespräch mit dem Seelsorger. „Die meisten Patienten schätzen, dass wir bei Bedarf mehr Zeit für sie aufbringen können als das Klinikpersonal.“ Friedl versteht seine Arbeit als Ergänzung zur medizinischen Therapie. Den Glauben wieder oder neu zu entdecken helfe vielen, ihre Krankheit besser zu bewältigen – „und das gibt auch mir wieder Kraft“, erläutert er seine Motivation. „Ich weiß, diese Arbeit ist wichtig.“