Eine Welt - und so verschieden

Foto-Wanderausstellung über die Makú-Indianer Brasiliens startet in Göttingen

Von Ulrike Schwerdtfeger

Göttingen. 80 Prozent aller Indianer Brasiliens – rund 360.000 Menschen – leben im Amazonasgebiet. Mit einigen von ihnen beschäftigt sich die Ausstellung „Bedrohte Völker Amazoniens“, die jetzt in St. Michael eröffnet wird.

Zurückhaltend und auch ein wenig skeptisch schaut sie in die Welt. Ein etwas schüchternes Lächeln huscht über das Gesicht der Frau. Nur schwer lässt sich ihr Alter schätzen. Die Falten in ihrem Gesicht erzählen von einem Leben voller Entbehrungen und harter körperlicher Arbeit.

Wer sich auf die Bilder einlässt, begibt sich auf eine weite und beschwerliche Reise: Von Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas, geht es per Flugzeug über 500 Kilometer Luftlinie nach Tefé, einer kleinen Stadt am Ufer des Rio Solimões, wie der Amazonas hier noch heißt. Der Ort, heute ein wichtiger Umschlagplatz der Region, geht aus einer Indianersiedlung hervor. Von dort nähert man sich in zwei Tagesreisen per Schiff über den Rio Amazonas, dem größten und längsten Fluss der Welt, und schließlich per Schnellboot den beiden Dörfern Jutaí und Jeremias, die auf keiner Landkarte eingezeichnet sind. 200 Nadëb-Makú-Indianer, ehemals Nomaden, leben hier; sie gehören zu einem von 215 verschiedenen Indianer-Völkern Brasiliens.

„Ihre Kultur wird

immer mehr verdrängt“

Die Frau auf dem Foto blickt in eine Welt, die einerseits vom Leben im Einklang mit der Natur geprägt und andererseits von Einflüssen umgeben ist, die sie zu zerstören drohen. „Die Kultur der Makú-Indianer wird mehr und mehr verdrängt, unter anderem durch die wachsende Zivilisation“, weiß Christan Ender. Der Doktorand der Berliner Humboldt-Universität, der Philosophie, Kultur- und Musikwissenschaften studiert hat, war im Rahmen seiner Promotion in Brasilien; zwei Wochen lang hat er den Alltag der Menschen im Amazonasgebiet kennen gelernt, an der Seite des deutschen Pfarrers Gunter Kroemer, der sich seit 30 Jahren für die kulturelle Eigenständigkeit der indigenen Völker in Brasilien einsetzt und eng mit dem Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat zusammen arbeitet.

Erfahren hat Ender dabei nicht nur, dass der Anbau von Maniok, eine Art Brotwurzel und Hauptnahrungsmittel der Makú, nur knapp zum Überleben der Menschen reicht, sondern auch, dass Schlangenbisse und Fehlernährung große Probleme der Indianer sind. All das dokumentieren und transportieren die Bilder, mit denen der 34-Jährige den Besuchern der Ausstellung ein Volk nahe bringen möchte, für das auch etwas ganz anderes charakteristisch ist: Lebensfreude und Zufriedenheit, Bescheidenheit, Schönheit, Selbstbewusstsein und Lebendigkeit.

Ein Zeichen der

Solidaritä setzen

„Dass ich die Möglichkeit hatte, in eine andere Welt hineinzuschnuppern, eine Welt, in der es beispielsweise erst seit einem Monat einen Fernseher gibt, ist für mich eine sehr prägende Erfahrung“, sagt Ender, der ursprünglich aus Göttingen stammt. Mit seinen Bildern möchte der Fotograf einerseits aufmerksam machen auf eine Realität, die weit entfernt ist von der westeuropäischen, und andererseits ein deutliches Zeichen der Solidarität setzen. „Mir ist einmal mehr bewusst geworden, wie verschieden unsere eine Welt doch ist“, so Ender. 36 seiner Fotografien sind in der Wanderausstellung zu sehen: eine Mischung aus großformatigen Personen-Porträts und Landschafts-Aufnahmen.

 

Die Ausstellung ist kostenlos erhältlich über das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat in Essen unter Telefon: 0201/1756-205, E-Mail: ana.abiramia@adveniat.de

Zur Person

-Christian Ender: geboren am 20. September 1973 in Göttingen

-Studium der Philosophie, Kultur- und Musikwissenschaften

-Doktorand an der Humboldt-Universität Berlin

-Information/Kontakt: www.bedrohtevoelker.de