“Ja, das glaube ich”

Glaubenskurs-Teilnehmer wollen zu Ostern katholisch werden

Von Tillo Nestmann

“Ich stamme aus Peking” ,sagt die Chemikerin Han Sun, die in der Osternacht in der Göttinger Kirche St. Michael getauft wird. Han Sun ist mit einem katholischen deutschen Physiker verheiratet und arbeitet derzeit an ihrer Promotion. Im kommenden Jahr soll die Doktorarbeit fertig sein.
Über ihren Weg zum Glauben sagt Han Sun: “In der Nähe meines Elternhauses in Peking steht eine kleine katholische Kirche. Als siebenjähriges Mädchen bin ich aus Neugier einmal ganz allein hineingegangen. Dort ist eine alte Frau auf mich zugekommen, hat mir alles gezeigt und erklärt.” Mit neun Jahren kommt Han Sun mit ihren Eltern nach Deutschland, nach Kaiserslautern. Ihr Vater, ein Physikprofessor, arbeitet dort an einem wissenschaftlichen Projekt. Aus kulturellem Interesse gehen die atheistischen Eltern mit ihrer Tochter des Öfteren in eine katholische Kirche. “Dort lernte ich das Osterfest, Weihnachten und auch die Austeilung des Aschenkreuzes kennen” ,sagt Han Sun.

Besuche in Kirchen weckt Interesse und Fragen

Im Alter von elf Jahren kehrt Han Sun mit ihren Eltern nach Peking zurück. Meist allein, manchmal mit Freundinnen, besucht sie die größte katholische Kirche der Stadt. Sie sitzt dort, betrachtet die Bilder und Skulpturen, genießt eine besondere Ruhe und Frieden. Als Jugendliche entdeckt Han Sun ein Buch. Es ist eine Biblische Geschichte. Sie liest es von vorne bis hinten durch und sagt sich: “Ja, das ist wahr! Das glaube ich!” Von da an sitzt sie in der Kirche als eine Gläubige, die aber nicht richtig dazugehört. “Vom Verstand her fand ich alles gut und richtig,, was dort geschah. Aber ich wusste nicht, wie ich beten sollte, und war ja auch nicht getauft.”

Nach dem Abitur geht Han Sun zum Chemiestudium nach Göttingen. Dort lernt sie den Physiker Adam Langer kennen und heiratet ihn - standesamtlich. Der Bremer ist katholisch getauft, aber nicht gefirmt. Seine Mutter ist Mitglied des Pfarrgemeinderats der Gemeinde Heilige Familie in Bremen-Vegesack. Han Sun: “Ich habe meine Schwiegermutter mit Fragen zum katholischen Glauben bombardiert. Sie hat mir geantwortet, so gut sie konnte.” Und Kontakte vermittelt: Han Sun besucht einen Glaubenskurs in der Göttinger Gemeine St. Michael - gemeinsam mit ihrem Mann. Ergebnis: Er wird in der Osternacht dort gefirmt, Han Sun getauft, und die Schwiegermutter wird Han Suns Patin sein. Später wollen Han Sun und Adam Langer auch kirchlich heiraten.
Uns sie sind nicht die einzigen in St. Michael. Auch die aus Greifswald stammende Juristin und Solo-Sopranistin Marit Bonerewitz wird getauft. Außerdem werden fünf Frauen konvertieren, drei Männer gefirmt und ein Ausgetretener wieder aufgenommen.

Die Gemeinde St. Michael liegt mitten in der Stadt und übernimmt die Glaubenskurse auch für die anderen Gemeinden, erklärt Katechumenatsbegleiterin, Professor Dr. Claudia Stockinger, die hohe Zahl. “Von den elf Personen sind sechs aus dem universitären Umfeld” , sagt Stockinger, Daher seien die Kurse an wissenschaftliche Seminare gelehnt. Damit auch Nichtakademiker mithalten können, werde viel in Kleingruppen gearbeitet. 

Für das Bistum beobachten die Katechumenatsbeauftragte Ursula Kropp und der Leiter des Fachbereichs Verkündung, Dr. Christian Hennecke, eine jährliche Steigerung von Erwachsenentaufen und Konversionen. Gab es früher oft Druck von Seiten der Familie des Ehepartners, so seien es heute meist Entscheidungen, die auf einem langen Weg der Beschäftigung mit dem Glauben gereift seien.