Schweigend ins neue Jahr

Jesuitenpater Benedikt Lautenbacher begeht den Jahreswechsel mit Zen

Göttingen (kpg) – Wenn am Silvesterabend der Trubel in der Stadt immer lauter zu hören sein wird, dann verharren sie in aller Stille: Zum vierten Mal lädt Pater Benedikt Lautenbacher, der Superior der Göttinger Jesuiten, in das Beratungszentrum Ancora im Göttinger Michaelsviertel ein, den Jahreswechsel schweigend im Stile der Zen-Meditation zu begehen.

Nach einer kurzen Einführung – Vorkenntnisse sind nicht erforderlich – werden sich die Teilnehmer am Silvesterabend eine halbe Stunde vor Mitternacht mit dem Gesicht zur Wand auf den Boden setzen, um für 25 Minuten miteinander zu schweigen. Fünf Minuten vor Mitternacht stehen dann alle auf und gehen zehn Minuten schweigend ins neue Jahr. Dazu läuten die Glocken von St. Michael. Danach folgen noch einmal 25 Minuten sitzend und schweigend. „Dieses Nichts, diese Leere, ist im ersten Moment schon erschreckend, weil wir doch immer Bilder im Kopf haben“, weiß Lautenbacher. „Und dann bin ich konfrontiert mit mir selbst und das in einer markanten Stunde: das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und auch die Stille, denn draußen wird es ja immer lauter.“

Um so intensiver empfänden die Teilnehmer – bis zu 20 Personen haben in den vergangenen Jahren an der Zen-Meditation zu Silvester teilgenommen – die Stille im Raum und in sich selbst, so der Jesuit. Während des gesamten Jahres bietet Laubenbacher regelmäßig Zen-Meditationen für Anfänger und Fortgeschrittene an. Doch gerade an der Schwelle vom alten zum neuen Jahr sei diese Form der Meditation noch einmal etwas ganz Besonderes: „Viele Menschen machen sich zum Jahresende ihre Gedanken: was war gut und schön im letzten Jahr, was war leidvoll. Und Menschen, die sich hierauf einlassen, die ahnen vielleicht, dass man in der Regel einfach nicht im Jetzt lebt.“

Genau das aber bedeute Zen: sich auf den Moment zu konzentrieren, nicht denken und auf seinen Atem zu hören. „Auf das Jahr übertragen: Jetzt bin ich nicht im Jahr 2011 oder sehne mich nach 2010, sondern bin an dem Punkt, wo ich jetzt stehe.“ Für Pater Lautenbacher selbst ist diese Form des Meditierens jedoch mehr als nur Gelassenheit zu üben und zur Ruhe zu kommen. Für ihn persönlich ist es eine Gotteserfahrung – auch wenn die Meditationsübung ursprünglich aus dem Buddhismus kommt. „Zen heißt eigentlich: Sitzen in Versunkenheit. Und dieses in die Stille gehen, das ist etwas Urchristliches. Das heißt, in dem Moment, wo ich versuche, ganz im Hier und im Jetzt zu sein, bin ich ganz im Jetzt Gottes.“

„Gehen ins neue Jahr – Zen in der Silvesternacht“: am 31.12.2010 ab 23.30 Uhr im Beratungszentrum Ancora (zweiter Innenhof von St. Michael), Kurze Straße 13 a.