Seit über 40 Jahren an der Seite der Armen

Schwester Karoline Mayer erhält den diesjährigen Edith-Stein-Preis

Göttingen (kpg) – Schwester Karoline Mayer wird in diesem Jahr mit dem Göttinger Edith-Stein-Preis ausgezeichnet. Sie erhält die Auszeichnung für ihren jahrelangen Einsatz für die Ärmsten der Armen in Chile, Bolivien und Peru. Am 10. November wird die Ordensfrau den Preis im Alten Rathaus von Göttingen im Rahmen einer Feierstunde persönlich in Empfang nehmen.

„Inspiriert durch die Theologie der Befreiung hat Schwester Karoline in ihrem Leben nationale, kulturelle und gesellschaftliche Grenzen überschritten und lebt als Christin und Gründerin der Schwesterngemeinschaft Communidad de Jesús sowie als Seelsorgerin einer Basisgemeinde überzeugend die Botschaft des Evangeliums im Dienst der Armen“, heißt es in der offiziellen Begründung des Kuratoriums des Edith-Stein-Kreises, der Vertreter aus Kirche und Gesellschaft angehören. „Und auch während der Zeit der Militärherrschaft Pinochets in Chile hat sie das Land nicht verlassen, sondern als Teil des passiven Widerstandes weiter für Menschenrechte gekämpft“, würdigte Heiner J. Willen, der Vorsitzende des Edith-Stein-Kreises, die 66-Jährige.

Schwester Karoline, die zur Bekanntgabe aus Santiago angereist war, zeigte sich sichtlich gerührt von der Anerkennung. „Ich war total überrascht“, so Meyer, die eine lange Freundschaft mit Göttingen verbindet. 1973 besuchte sie eine Freundin, eine ehemalige Steyler Missionarin, in der Stadt, und bat um Unterstützung für ihre Arbeit mit der armen Bevölkerung. Im Laufe der Jahre entwickelte sich hieraus ein Freundeskreis, der bis heute unter anderem einen jährlichen Basar veranstaltet, dessen Erlös der Ordensfrau zugeht.

Schwester Karoline Mayer, 1943 in der Nähe von Eichstätt in Bayern geboren, arbeitet seit 1968 in Chile. Vier Jahre zuvor war sie, die schon im Alter von 11 Jahren Missionarin werden wollte, dem Steyler Missionsorden bei. In Chile lässt sich die Ordensfrau zur Krankenschwester ausbilden. 1971 zieht sie mit einer Mitschwester in die Armenviertel Santiagos und beginnt mit dem Aufbau eines Sozialwerkes für die notleidende Bevölkerung. Nachdem der Orden sie im Zuge der politischen Unruhen zurück nach Deutschland beordert, beschließt sie, ihre Gelübde nicht zu erneuern. Sie kehrt nach Chile zurück und gründet dort die Schwesterngemeinschaft „Communidad de Jesús“. Heute gehören zu ihrem Sozialwerk verschiedene Dienste: Eine Obdachlosensiedlung, in der an die 200 Familien leben, ein Berufsbildungszentrum für 600 Jugendliche mit mehr als 10 Berufen, ein Reha-Zentrum für Drogenabhängige, Frauenbildungswerkstätten, Kindertagesstätten und als Herzstück ein Gesundheitszentrum, in dem jährlich bis zu 20 000 Patienten kostenlos mit moderner Medizin behandelt werden. Unterstützt wird die Arbeit von einem breiten europäischen Freundesnetz. Für ihren Einsatz wurde Schwester Karoline Meyer mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Kardinal-Frings-Medaille der Erzdiözese Köln, dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg und dem Bundesverdienstkreuz.

Der Edith-Stein-Preis erinnert an das Wirken der Hl. Edith Stein, die 1891 in Breslau als Jüdin geboren wurde und 1913 bis 1916 in Göttingen lebte. Sie konvertierte zum Katholizismus und wurde Karmelitin. Der Verhaftung durch die Nationalsozialisten konnte sie sich dennoch nicht entziehen und wurde am 9. August 1942 in Auschwitz ermordet.

Der Göttinger Edith-Stein-Kreis ehrt mit seinem Preis Persönlichkeiten, Gruppierungen und Institutionen, die sich durch Grenzüberschreitungen in ihrem sozialen, politischen und gesellschaftlichen Engagement ausgezeichnet und bewährt haben. Die Auszeichnung besteht aus einer Medaille (Inschrift: „Unsere Menschenliebe ist das Maß unserer Gottesliebe“) und einem Preisgeld von 5.000 Euro, das in Absprache mit dem Geehrten einer Einrichtung gespendet werden soll.