Weg gegen Widerstände

Am Ostersonntag werden in der Auferstehungsmesse in der Citykirche St. Michael 13 Erwachsene in die katholische Kirche aufgenommen: Sie konvertieren von einer anderen Konfession zum katholischen Glauben, werden getauft und/oder gefirmt

Göttingen (kpg) – „In meiner alten Kirche war ich eine Karteileiche“, sagt Balbina Bäbler lächelnd. „Aber jetzt fühle ich mich zu Hause.“ Am Ostersonntag wird sie morgens um 5 in der Auferstehungsmesse zur katholischen Kirche konvertieren und gefirmt. Balbina Bäbler gehörte bislang der reformierten Kirche an. Seit Jahren ist sie mit einem Katholiken verheiratet. „Die katholische Messe hat mich schon immer angezogen, ich mag diese Spiritualität“, sagt sie. „Katholisch werden möchte ich schon seit längerem.“ Mit ihr werden fünf weitere Personen in die Kirche aufgenommen – sie konvertieren von einer anderen Konfession – und gefirmt, zwei Erwachsene lassen sich firmen, fünf werden getauft.

„Ich habe wirklich lange überlegt, weil ich mit der Institution Kirche so meine Schwierigkeiten habe“, sagt Heitrud Ila Scholz. „Aber nach vielen intensiven Gesprächen war mir klar: Das ist mein Weg.“ Ein Weg, den sie erst nach Umwegen eingeschlagen hat: Zwar sei sie als Kind getauft worden, habe sich dann aber jahrelang ganz vom Glauben abgewendet, bevor sie den Buddhismus für sich entdeckt und sogar ein buddhistisches Zentrum geleitet habe. Mit fast 50 dann tritt sie dann vor fünf Jahren in die evangelische Kirche ein. „Aber dann hat es mich immer öfter in die Messe von St. Michael gezogen“, erzählt sie. Wenn sie am Morgen des Ostersonntag wieder in die Kirche aufgenommen und gefirmt wird, wird von ihrer Familie allerdings niemand dabei sein. „Meine Kinder können es nicht verstehen. Und ich habe sogar Freunde verloren.“

Taufbewerberin Anna Albrecht hat ihrer Familie bis heute nicht gesagt, dass sie katholisch werden will. Sie ist als Muslima aufgewachsen und scheut den Konflikt mit ihren Angehörigen. „Mit dem Islam konnte ich mich nie identifizieren“, sagt sie. „Jetzt lese ich jeden Tag in der Bibel.“ Unterstützung allerdings erfährt sie durch ihren Mann, der katholisch ist. Ihre Tochter hat sie bereits taufen lassen.

Direkte Ablehnung hat Eva-Lisa Fischer, die am Ostermorgen getauft wird, nicht erfahren. „Aber manche lächeln schon drüber“, so die Studentin, deren Eltern beide aus der Kirche ausgetreten sind und sie und ihre Kinder nicht haben taufen lassen. „Aber mir gibt der Glaube Halt, vor allem jetzt in der letzten stressigen Phase des Studiums.“

Seit Oktober des vergangenen Jahres haben die „Kirchenneulinge“ zur Vorbereitung einen Glaubenskurs besucht. In den alle zwei Wochen stattfindenden Gesprächsabenden ging es um Themen wie den Aufbau der Heiligen Messe, den Ablauf des Kirchenjahres, das christliche Menschenbild, die Auferstehung und die Dreifaltigkeit Gottes, aber auch um persönliche Fragen: Wie benimmt man sich in der Kirche, was ist was im Kirchenraum, wie kann ich beten, wie wörtlich muss ich die Bibel nehmen? Ein Wochenende im Kloster stand ebenfalls auf dem Programm. Für die Teilnehmer eine wichtige Erfahrung: „Für mich war es gut zu sehen, dass es noch andere gibt, die auf dem gleichen Weg sind wie ich“, so Jörg Bank, der zum Katholizismus konvertiert und Ostern gefirmt wird.

Der Glaubenskurs soll eine Orientierungshilfe sein: Erst im Verlauf des Kurses mussten sich die Teilnehmer entscheiden, ob sie katholisch werden wollen oder nicht. Geleitet wird der Kurs vom Kaplan von St. Michael, Pater Sebastian Watzek, und den Ehrenamtlichen Claudia Stockinger und Olaf Martin. „Für mich war das genau das richtige“, sagt Balbina Bäbler. „Ich hatte Hemmungen, einen Priester anzusprechen.“ Zum zweiten Mal hat der Glaubenskurs nun stattgefunden, auch einen dritten wird es in diesem Jahr geben. „Das Interesse an Glauben und Spiritualität ist da, gleichzeitig nimmt aber der Anteil derer, die das wie selbstverständlich von klein auf mitbekommen, ab“, sagt Olaf Martin. Für ihn ein Zeichen, dass Kirche sich wandelt – weg von der Volkskirche hin zu einer Bekenntnisgemeinschaft, „wo die persönliche Entscheidung im Mittelpunkt steht und nicht die Gewohnheit oder Erziehung“.